
1917 – 2017: 100 Jahre Oktober-Revolution
Buchvorstellung: Meister und Margarita, Roman von Michail Bulgakow
Bei dem Roman “Meister und Margarita” von Michail Bulgakow, der von 1891 bis 1940 gelebt und das Werk in der Zeit vom 1929 – 1940 geschrieben hat, geht es um Glauben, Liebe und Vergebung und die ‘dunkle Seite der Macht’.
Im Roman wird Moskau an einem Apriltag in den dreißiger Jahren vom Teufel und seinem Gefolge heimgesucht, der die Stadt und hierbei insbesondere intellektuelle Kreise derart durcheinander wirbelt, daß die Psychiatrie gefordert wird.
Es werden die frustrierenden Mühen von Schriftstellern thematisiert, ihre Werke bei der staatlichen Genehmigungstelle anerkannt zu bekommen, ferner die Herabwürdigung dieser durch die dortigen “Apparatschicks”.
Im Roman wird dies Anhand des “Meisters” und seines Werkes über Pontius Pilatus dargestellt, wie er durch diese Kreise demoralisiert zur Verzweifelung gebracht wird und seine Geliebte Margarita, welche sich mit dem Teufel einläßt und den Meister und dessen Werk rettet. Es geht im Buch des Meisters um Pontius Pilatus, der das Todesurteil über Jeschua Ha-Nozri (Jesus) am vierzehnten des Nisan (April) trotz seiner Unschuldsüberzeugung aufgrund der Anklage der jüdischen Priesterschaft in Jerschalajim (Jerusalem) ausspricht und vollstrecken läßt, um die Bindung der Priesterschaft an Rom zu wahren, die Qualen seiner hierdurch durchlebten inneren Unruhe bis zur Erlösung von diesen durch Vergebung, welche er auf dem Weg zu Jeschua Ha-Nozri erfährt.
Dem Leser wird mit stilistischen Mitteln von Gedichten, mit der Schaffung von Bildern, Grotesken und Personifikationen in einer sehr poetischen und satirischen Form durch etwa Zaubereien in einer “seance” des Teufels und seines Gefolges im Variete-Theater von Moskau das Wesen des Menschen im stalinistisch sozialistischen Moskau vorgeführt, welche sich durch materielle Dinge, wie etwa Devisen, teuren Parfums und Pariser Mode verführen und entzücken läßt.
Im Roman läßt Bulgakow das als universell präsentierte Spiel der Mächte der religiösen Glaubenswelt, insbesondere des Teufels, den Geist des Rationellen, des sozialistischen Realismus, des “fortschrittlichen und kultivierten Zeitgenossen”, die Hauptstadt des ersten sozialistischen Landes auf Erden, Moskau heimsuchen und seine Spielchen treiben. Es werden mit der Kraft der Liebe von Margarita zum Meister, der Meister selbst, ein junger Dichter, der mit seinem “törichten” Atheismus im Roman eine Hauptfigur ist und das Werk des Meisters gerettet. Der Teufel selbst erscheint in Respekt zu seinem Gegenpart, gegenüber Gott, indem er seine Grenzen stets zu diesem einhält.
Ohne direkte Anspielungen an das Regime, erscheinen die Heimsuchungen des Bösen über Moskau, seine willkürliche und grenzenlose Macht absolut, jeglicher Versuch sich dem entgegen zu stellen als töricht. Die Eliten von Moskau hingegen werden mit ihren kleinbürgerlich gierigen Wesenszügen nach materiellen Dingen und Karrierestreben bloßgestellt, wie sie sich mit dieser Macht arrangieren.
Das Buch, an dem Bulkanow elf Jahre arbeitet und im Jahr seiner Fertigstellung ablebt, stellt sein Lebenswerk dar. Es wurde erst 1966 in der Zeit, in der die Sowjetunion durch Chruschtschow eine Entstalinisierung erfährt veröffentlicht. Das Buch wird in der Folgezeit zu einer “Pflichtlektüre” in der Sowjetunion. Ein hochpolitisches, groteskes, aberwitziges und skurriles Meisterwerk.
Mülayim Hüseyin
Hamburg, den 28.06.2017
Als Vorbereitung zum Marathon-Lauf am 24. September 2017 in Moskau